Angulimala

Zu Buddhas Zeit gab es Schulen, in der verschiedene Shastris gelehrt wurden. Ahinsaka besuchte solch eine Schule. Er war ein sehr guter Schüler, der seinem Lehrer vollkommen ergeben war. Einige Schüler waren neidisch geworden auf ihn, und versuchten nun, diese Verbindung zwischen den beiden zu zerstören. Sie erzählten dem Meister, dass sich Ahinsaka heimlich mit seiner Frau treffen würde. Der Lehrer war fassungslos, glaubte aber diese falschen Behauptungen, wurde sehr wütend und sann auf Vergeltung. Er wollte Ahinsaka loswerden und forderte von ihm, eine Kette aus Menschenfingern anzufertigen. Der Schüler war blind vor Liebe und Ergebung zu seinem Meister. Er nahm diesen Auftrag an, ohne sich wirklich Gedanken darüber zu machen, was für ein Karma er sich dadurch aufladen würde. Tagtäglich hackte er Menschen die Finger ab, um diese Kette anzufertigen. Am Ende hieß er Angulimala (Anguli heißt Finger, Mala bedeutet Kette). Ursprünglich war er ein sehr liebevoller Mensch gewesen. Durch diese barbarischen Handlungen jedoch, wurde er sogar zu einem Mörder. Die Menschen hatten große Angst vor ihm. Buddha sah in seiner inneren Schau, wie tief Angulimala durch sein schlechtes, selbstverschuldetes Karma gefallen war. Aus früheren Leben brachte er nämlich sehr viel gutes Karma mit. Aus tiefstem Mitgefühl und Erbarmen entschied Buddha, diese Seele zu retten. Inzwischen flüchteten alle Menschen, die Angulimala schon von weitem sahen. Die letzten 10 Finger fehlten noch, bis zur Fertigstellung der Kette. Jetzt blieb nur noch seine eigene Mutter übrig, der er die Finger abhacken konnte. Diese Tat allerdings, hätte bei Angulimala schwerwiegendes Karma ausgelöst: Anantaryakarma (eine Tat, die der Seele kaum mehr eine Chance gibt, jemals weiter zu kommen und unsagbar lange Zeit gefangen bleibt). Aus diesem Grunde erschien Buddha, genau in dem Moment, als Angulimala sich seiner Mutter näherte. Er stellte sich zwischen beide und befahl ihm: „Bleib stehen!“ Hasserfüllt wollte sich Angulimala nun auf Buddha stürzen, um auch ihm die Finger abzuhacken. Allerdings kam er keinen Schritt voran. Durch Buddhas Kräfte, konnte er sich nur noch auf der Stelle bewegen. Buddha wiederholte noch einmal eindringlich: „Bleibe du stehen, ich bin schon lange stehen geblieben!“ In diesem Moment dämmerte es im vernebelten Bewusstsein von Angulimala. Ein Lichtblick, gleich einem Geistesblitz, durchfuhr ihn. Vor ihm stand ein Erleuchteter, der den Kreislauf von Tod und Wiedergeburt beendet hatte! Er blieb abgekämpft stehen, und Buddha begann daraufhin Dharma zu predigen. Angulimala legte anschließend alle seine Waffen nieder, warf sich vor Buddha in den Sand, und bat flehentlich um Hilfe für sein großes Vergehen. Er folgte Buddha, wurde sogar ein großer Schüler, und hat später auch die Erleuchtung erlangt.

Wenn ihr Fehler gemacht habt, denkt niemals: was bin ich für ein schlechter Mensch. Lasst die Vergangenheit hinter euch. Gottes Liebe und Gnade ist so groß, dass er uns unsere Fehler verzeiht. So sollen auch wir den Anderen gegenüber nachsichtig sein. Das dürfen wir nie vergessen. Häufig allerdings erwarten wir wiederum von Gott, dass er uns unsere Fehler verzeiht. Aber vergeben wir demjenigen, der uns verletzt hat?

Die Konsequenzen unserer Fehler müssen wir letztendlich immer selbst tragen. Natürlich musste auch Angulimala als Folge dieser schwerwiegenden Fehler, die er begangen hatte, viel Leid auf sich nehmen. Immer, wenn er mit der Bettelschale unterwegs war und abends in den Tempel zurückkehrte, war er verletzt. Er wurde manchmal verprügelt oder es geschahen auch unbeabsichtigte Verletzungen, die er selbst noch nach seiner Erleuchtung demütig hingenommen hatte.